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Läuseeier lassen sich nur mit Spezialshampoo aus den Haaren kämmen

StimmtHaltNicht – Doof genug, wenn man Kopfläuse hat. Aber selbst wenn die zwei bis drei Millimeter kleinen Insekten getötet wurden, sind ihre Eier, die sogenannten Nissen, immer noch schwer aus der Frisur zu bekommen. Die Weibchen der Gattung Pediculus humanus capitis kleben ihre Eier nämlich richtiggehend an den Haaren fest. Deshalb gibt es Spezialshampoos, die helfen sollen, die Nissen auszubürsten.

Aber braucht es diese Mittelchen überhaupt?

Eher nicht, sagen belgischen Wissenschaftler um Hilde Lapeere. Eine handelsübliche Haarspülung ist wohl ebenso effektiv.

Wie kommen die Forscher zu dieser Aussage? Sie untersuchten im Labor 605 Haare von sechs verschiedenen Kindern. An jedem Haar klebte eine Laus-Hinterlassenschaft. In der Mehrzahl handelte es sich dabei um leere Hüllen, nur in 14 Prozent der Fälle war noch ein totes Ei enthalten. Die Wissenschaftler versuchten nun, die Nissen zu entfernen und maßen, wie viel Kraft dafür notwendig war. Am schwierigsten gestaltete sich das bei unbehandelten, trockenen Haaren. Mandelöl und eine Ameisensäure-Lösung machten es ebenfalls nicht viel einfacher. Schon besser ging es, wenn die Haare mit Wasser eingeweicht waren. Doch am leichtesten war es für die Forscher, wenn sie die Haare vorab mit einer Spülung oder einem professionellen Nissen-Entfernungsprodukt durchgespült worden hatten.

Überraschenderweise gab es aber keinen nennenswerten Unterschied zwischen den Profi-Produkten und der Supermarkt-Spülung. Nach Ansicht der Wissenschaftler wirken Wasser, Spülung und Shampoo als eine Art Schmiermittel, mit deren Hilfe der Kamm besser durchs Haar gleitet. Das vermindert die Reibung, sodass weniger Kraft aufzuwenden ist.

Mit ihren Erkenntnissen bestätigen die Forscher um Hilde Lapeere bestehende  Empfehlungen, zum Beispiel der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA).

Dislaimer: Wir sind leider nicht an den Volltext der Studie herangekommen und beziehen uns deshalb auf diese Pressemitteilung.

Quellen:
Hilde Lapeere et al (2014). Efficacy of Products to Remove Eggs of Pediculus humanus capitis (Phthiraptera: Pediculidae) From the Human Hair. Journal of Medical Entomology (Abstract)
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2011). Kopfläuse … was tun? (Broschüre)
Robert-Koch-Institut (2008). Ratgeber Kopflausbefall (Link)

„Koffein ist eine Droge, die abhängig macht“

StimmtHaltNicht – Ist Koffein gefährlich? Die deutsche Ausgabe der Huffington Post suggeriert genau das. Allerdings, ohne irgendeine Dosis zu nennen, aber der das gelten würde. Stattdessen erfahren wir von einer Anna, die bis mittags drei Tassen Kaffee trinkt.

Bild: Wikipedia/M. Pfeiffer alias Benutzer:Gordito1869

Bild: Wikipedia/M. Pfeiffer alias Benutzer:Gordito1869

Raunend heißt es: „So harmlos ist der Koffein-Kick nicht. Kaffee, Cola, Energy-Drinks: Immer mehr Menschen helfen künstlich nach. […] Das kann böse enden. […] [I]mmer mehr […] Menschen sind laut einer Studie der American University, Washington, abhängig von Koffein.“

Dass das gefährlich sein könnte, reimt sich die Huffington Post aus einer Untersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zusammen, über die wir auch schon berichtet haben. Allerdings ging es da um die Motivation, Energy Drinks zu konsumieren.

Welche Risiken bei welcher Menge Koffein können denn nun auftreten? Müssen wir uns um Anna Sorgen machen?

Leser der Huffington Post erfahren dazu: nichts.

Dabei hätte man es sich mithilfe von Wikipedia selbst ausrechnen können. Eine Tasse Kaffee enthält demnach 40 bis 120 Milligramm Koffein. Im schlimmsten Fall hätte Anna also bis mittags 360 Milligramm Koffein zu sich genommen. Nehmen wir weiter an, ihr Körper hätte nichts davon abgebaut – dann wäre Anna immer noch unter der Menge, ab der man von einer Überdosierung spricht. Das wäre nämlich ein Gramm Koffein.

Trotzdem rät die Huffington Post:

„Um dem schlimmsten Fall vorzubeugen, hilft nur: weniger Koffeinhaltiges trinken.“

Wie gesagt: Was im schlimmsten Fall überhaupt passieren könnte, wird im gesamten Beitrag nichts erwähnt.

Das Problem ist, dass Menschen komplexe Wesen sind und Kaffee eine Substanz mit vielen Inhaltsstoffen ist. Welche Auswirkungen es hat, langfristig viel Kaffee zu trinken, lässt sich deshalb nicht sicher sagen. Forscher vermuten allerdings, dass regelmäßiger Konsum das Risiko für manche Krebserkrankungen senkt. Auch der Einfluss auf andere Körperfunktionen ist noch unklar. Ob regelmäßiger Genuss zum Beispiel den Blutdruck ansteigen lässt, oder ob man sich daran gewöhnt – sicher weiß man das offenbar nicht.

Quellen:
Sabrina Hoffmann (2014). Koffein ist eine Droge, die abhängig macht. Huffington Post (Link)
Krebsinformationsdienst (2011). Kaffee und Krebsrisiko: Genuss oder Schaden? (Link)
Johanna M Geleijnse (2008). Habitual coffee consumption and blood pressure: An epidemiological perspective. Vasc Health Risk Manag, 4/5, 963-970 (Volltext)
Wikipedia-Eintrag zu Coffein, abgerufen am 2. Februar 2014 (Link)

Himalaya-Salz stammt aus dem Himalaya-Gebirge

StimmtHaltNicht – Tatsächlich werden die meisten Himalaya-Salze etwa 200 Kilometer entfernt vom Himalaya-Massiv abgebaut – in der pakistanischen Salt Range. Das schreibt die Stiftung Warentest auf ihrer Website. Die meisten dieser Produkte werden also unter falschem Namen verkauft. Das ist zwar seit 2010 verboten. Doch Anbieter finden immer wieder kreative Namenslösungen wie „Ayurvedisches Zaubersalz“ oder „Kristallsalz Himalaya“. Und einige verwenden den Namen „Himalaya-Salz“ einfach weiter. Ein Beispiel für letzteres ist der Lebensmitteldiscounter Norma. Erhältlich ist dort ein „Tao Asia Himalaya-Salz“, dessen Name somit nicht rechtens ist.

Gesalzene Preise: Für das Himalaya-Salz bei Norma muss man tief in die Tasche greifen, mit einem positiven Effekt auf die Gesundheit können Konsumenten jedoch nicht rechnen.

Gesalzene Preise: Für das Himalaya-Salz bei Norma muss man tief in die Tasche greifen. Screenshot: SHN

Mit 4,99 Euro für 1,5 Kilogramm ist das Himalaya-Salz von Norma etwa zehn Mal teurer als herkömmliches Salz vom Discounter. Doch was bring Menschen dazu, für die rosa Kristalle derart tief in die Tasche zu greifen?

Nun, mancher glaubt, das Himalaya-Salz sei durch sein Alter und einige enthaltene Elemente besonders gesund oder heile sogar Krankheiten. Doch weit gefehlt: Die Hoffnung auf gesundheitliche Vorteile durch in den Salzen enthaltenen Mineralstoffe oder Spurenelement ist vergebens. „Für einen Gesundheitseffekt sind die Mengen der Stoffe zu gering“, schlussfolgern die Experten der Stiftung Warentest nachdem sie das Norma-Salz untersucht haben. Und mehr noch: Wer viel Himalaya-Salz (oder solches aus dem Salt Range) konsumiert – beispielsweise täglich einen Trunk von Salzsole, um seinen Säure-Basen-Haushalt auszugleichen* – steigert sogar sein Risiko für Bluthochdruck.

Quelle: Stiftung Warentest, Tao Asia Himalaya-Salz von Norma: Mit Kräutergeruch und täuschendem Namen, 11.10.2013, (Link)

* Ja, es gibt Menschen, die so etwas trinken. Dass das Murks ist, kann man sich denken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sagt es aber (in einem älteren Beitrag) auch noch einmal.

Ein hoher Cholesterinwert muss behandelt werden

StimmtHaltNicht – Zwar sind zu hohe Werte von Cholesterin ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen; sie erhöhen zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts. Allerdings ist ein hoher Cholesterinwert selbst keine Krankheit. Und wie hoch das Risiko für ernsthafte Schädigungen ist, können Ärzte nur beurteilen, wenn sie auch andere Einflüsse berücksichtigen. Dazu zählen zum Beispiel Alter, Geschlecht, Rauchen und familiäre Veranlagung.

Auf www.gesundheitsinformation.de haben wir ein schönes Beispiel dafür gefunden: Bei zwei 50-jährige Frauen wird der gleiche Cholesterinwert gemessen. Eine von beiden, Isolde, raucht. Ihr Vater hatte einen Herzinfarkt noch bevor er 55 Jahre alt wurde. Isoldes Risiko, selbst in den nächsten zehn Jahren einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, liegt bei 18 Prozent. Dagegen hat eine andere Frau, Verena, die tabakfrei lebt und keine familiäre Vorgeschichte aufweist, ein Risiko von nur vier Prozent.

Das Beispiel ist nur ein kleiner Schnippsel aus der Gesundheitsinformation.de-Zusammenstellung. Wer sich intensiver in das Thema einlesen möchte, dem empfehlen wir die Beiträge:

  • Was ist Cholesterin und wie entsteht Arteriosklerose? (Link) und
  • Überblick: Erhöhte Cholesterinwerte (Link).

Wer etwas Nachhilfe dazu braucht, wie Infarkte entstehen: Dieses (englischsprachige) Video hilft auf die Sprünge: https://www.khanacademy.org/science/healthcare-and-medicine/heart-disease-and-stroke/v/heart-disease-and-heart-attacks.

Sex hilft bei Migräne

StimmtHaltNicht – „Schatz, heute nicht, ich habe Kopfschmerzen.“ Ist diese klischeehafte Ausrede vielleicht bald eher ein Argument für anstatt gegen Sex? Wohl eher nicht, denn die sexuelle Betätigung bei Migräne hilft längst nicht allen Betroffenen – anders, als so manche Medienberichterstattung derzeit verlauten lässt.

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Sex hilft bei Migräne: Google-Suche vom 27. Mai

Aber schauen wir uns die derzeit kursierenden Zahlen einmal genauer an. Soviel wir wissen, stammen die derzeit zitierten Daten aus einer Patientenbefragung, die im Rahmen einer Doktorarbeit an der Universität Münster durchgeführt wurde.

Demnach gaben 60 Prozent der Migränepatienten an, dass sich ihr Zustand durch Sex verbesserte, bei 33 Prozent verschlechterte sich der Zustand dagegen. Stark vereinfacht gerundet bedeutet dies: Wenn drei Personen mit Migräne Sex haben, fühlen sich zwei von ihnen danach besser, eine schlechter. Eine Chance von 2 : 1 mag bei dieser „Therapie“ ja noch verlockend klingen, aber sind die Daten auch verlässlich?

Wie  kommt die Studienautorin zu diesen Annahmen?

Für die Untersuchung wurden entsprechende Fragebögen an 800 Migränepatienten einer überregionalen Kopfschmerzambulanz verschickt – zurück kamen 304*. In diesen gab rund ein Drittel (34 Prozent) der Befragten an, während einer Kopfschmerzphase Erfahrungen mit sexueller Aktivität gemacht zu haben. Die obigen Aussagen beziehen sich somit auf die Angaben von 103 Migränepatienten.

Hier fragen wir uns, ob diese Zahlen auf die übrigen Betroffenen übertragbar sind. Ob etwa Migränepatienten, denen so übel ist, dass sie gar keine Lust auf Sex haben, in gleicher Weise profitieren würden. Das würden sie vermutlich nicht und das sagen auch die Studienautoren. Sie mutmaßen sogar, dass die erhaltenen Antworten möglicherweise nicht einmal repräsentativ für die kontaktierten Patienten sind. Im Klartext heißt das: „Der Zusammenhang zwischen Kopfschmerzen und sexueller Aktivität ist nicht so eindeutig, dass man jedem Kopfschmerz-Patienten zu ‚heilsamer sexueller Aktivität‘ raten könnte“.

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Sex bei Migräne? Nicht für alle eine befriedigende Lösung.

Und wer jetzt dennoch beim nächsten Migräneanfall des Partners auf diese heilsame Aktivität beharrt, dem sei noch eines gesagt: Die Art der sexuellen Betätigung hatte keinen Einfluss auf die Besserung der Migräne – es funktionierte auch bei sexuellen Aktivitäten ganz ohne Partner.

* Es wurden ebenfalls Patienten mit sogenannten Clusterkopfschmerzen untersucht. Die Ergebnisse hier waren ähnlich.

 Quellen:

PM Uni Münster „Sexuelle Aktivität kann gegen Migräne helfen: Doktorandin befragte 400 Patienten zu ihren Erfahrungen“, URL: http://campus.uni-muenster.de/campus-news.html?&newsid=1434&cHash=ea766a3c25e19e4530f0cf5d5bec0132

Sowie die dort verlinkten Paper:
Hambach, Anke et al. (2013): The impact of sexual activity on idiopathic headaches: An observational study. In: Cephalalgia. Published online before print February 19, 2013. (nur Abstract)
Hambach, Anke/Evers, Stefan/Frese, Achim (2013): Sexuelle Aktivität und Kopfschmerz: Auslöser oder Entlastung? In: Nervenheilkunde 3/2013.

 

Bildquelle: www.pixelio.de

Cranberry-Produkte und Blasenentzündungen

Im Oktober hatten wir über Cranberry-Produkte und ihren angeblichen Schutz vor einer Blasenentzündung berichtet. Dass ein paar Schlucke des Saftes entsprechend wirken, wurde zwar immer wieder behauptet, aber es StimmtHaltNicht.

Das Thema haben jetzt auch die Gesundheitsexperten des IQWiGs in ihrem aktuellen Newsletter noch einmal aufgegriffen. Ihr Beitrag Blasenentzündung: Können Cranberry-Produkte vorbeugen? ist etwas ausführlicher und verweist zudem auf das Merkblatt: Blasenentzündungen bei Frauen. Schaut’s Euch an…

Cranberry-Ernte

Cranberry-Ernte, Bild von Keith Weller, USDA-ARS [Public domain], via Wikimedia Commons

„Natürliche Kräuter wie Lavendel, Hopfen oder Melisse können auf sanfte Art bei der Entspannung helfen.“

StimmtHaltNicht – Das Zitat ist Teil von acht Tipps für besseren Schlaf. Sie stammen vom Schlafmediziner Michael Feld. Auf diese Tipps sind wir im Vorbeilaufen gestoßen: Sie sind uns im Schaufenster eines Bettengeschäfts aufgefallen. Wir haben uns gleich gefragt, wie gut sie belegt sind – und haben uns das am Beispiel des Lavendels genauer angeschaut.

Unser Fazit: Für den Lavendel-Tipp wäre der Konjunktiv eher angebracht. Unter Umständen könnte Lavendel zur Entspannung beitragen. Die wissenschaftliche Datenlage ist aber eher durchwachsen: Die einen sagen so, die anderen so. Und ob es unangenehme Langzeitfolgen gibt, wenn man jede Nacht in einem Zimmer mit Lavendelduft schläft, ist nicht untersucht.

Wie kommen wir zu dieser Aussage? Den violetten Blüten des Lavendelstrauchs und dem daraus hergestellten Öl wird eine beruhigende Wirkung zugeschrieben. Das Herz schlägt ruhig und gleichmäßig, der entspannende Teil des Nervensystems, der Parasympathikus, übernimmt das Kommando, man fühlt sich entspannt. Soweit die Theorie.

Doch die Ergebnisse, die wir bei einer Recherche in medizinischen Datenbanken gefunden haben, sind eben ziemlich durchwachsen. So vermelden japanische Wissenschaftler einen entspannenderen Schlaf für Versuchspersonen, die in einem nach Lavendel duftenden Raum nächtigen. Klingt erst einmal gut. Der Haken an der Sache ist aber, dass die Schlafforscher ihre Hypothese nur an 15 Versuchspersonen testeten. Bei so niedrigen Zahlen können das aber auch Zufallsbefunde sein.

Iranische Forscher kommen zu dem Schluss, dass herzkranke Menschen im Krankenhaus besser schlafen, wenn sie ein Baumwolltuch mit zwei Tropfen Lavendelöl in der Nähe haben. In dieser Studie waren die Fallzahlen zwar höher. Allerdings erhielt die Lavendelgruppe zusätzliche Aufmerksamkeit vom Pflegepersonal, während die Vergleichsgruppe nur die normale Basispflege bekam. So lässt sich nicht ausschließen, dass die erhöhte Zuneigung in Wirklichkeit für die Unterschiede verantwortlich war.

Während diese Arbeiten aus Japan und Iran nur wenige Nächte dauerten, haben sich Fachleute aus Taiwan immerhin drei Monate der Beobachtung gegönnt. Eine Gruppe von Frauen zwischen 45 und 55 Jahren inhalierte zwei Mal pro Woche Lavendelduft, während einer zweite Gruppe Informationen zu gutem Schlaf vermittelt wurde. Alle Teilnehmerinnen litten an Schlafproblemen. Die Lavendelfrauen hatten kurzfristig eine geringe Herzschlagfrequenz und eine höhere Aktivierung des Parasympathikus, waren also entspannter. Langfristig zeigten sich allerdings keine nachhaltigen Unterschiede.

Die Psychologen Brian Hughes und Siobhan Howard von der National University of Ireland sind sich zudem sicher, dass ein Großteil der Entspannungseffekte von Lavendelduft auf entsprechende Erwartungen zurückgeht. Hughes und Howard zeigten das in einem Laborexperiment mit 96 Studentinnen. Nach einer anstrengenden Aufgabe erhielten die Teilnehmerinnen ein Placebo oder eine Form von Lavendelzubereitung*. Ergebnis: Entspannend wirkte beides – wenn die Studienleiter vorher eine entsprechende Erwartungshaltung aufgebaut hatten.

Was uns aufgefallen ist: Die Versuchspersonen und die Ziele der Behandlung mit Lavendelduft waren sehr unterschiedlich – junge Frauen, alte Frauen, gesunde Teilnehmer und kranke Teilnehmer, alles vertreten. Daraus lässt sich beim besten Willen keine pauschale Empfehlung ableiten: Was für jemanden mit Herzproblemen in einem iranischen Krankenhaus gut ist, muss es für einen Durschnittsschlaflosen in Deutschland noch lange nicht sein.

* Wir wissen nicht, was für eine Form von Lavendelzubereitung in der Studie von Hughes und Howard eingesetzt wurde.

Quellen:
Wie sind wir auf unsere Quellen gestoßen? Wir haben zuerst bei der Cochrane Library geschaut. Dort findet man oft umfangreiches Material. Zum Thema Lavendel und Schlaf waren allerdings keine Informationen vorhanden. Wir haben dann bei der Medizindatenbank Pubmed geschaut: Sie listet für diese Stichworte 32 Treffer; bei näherem Hinschauen waren viele aber für unsere Fragestellung nicht weiter interessant. Im Folgenden die Quellen, die wir intensiver berücksichtigt haben.

Hirokawa K, Nishimoto T, Taniguchi T. (2012). Effects of lavender aroma on sleep quality in healthy Japanese students. Percept Mot Skills, 114/1, S. 111-22 (Abstract)
Mahin Moeini et al. (2010). Effect of aromatherapy on the quality of sleep in ischemic heart disease patients hospitalized in intensive care units of heart hospitals of the Isfahan University of Medical Sciences. Iran J Nurs Midwifery Res, 15/4, S. 234–239 (Volltext)
Chien LW, Cheng SL, Liu CF (2012). The effect of lavender aromatherapy on autonomic nervous system in midlife women with insomnia. Evid Based Complement Alternat Med, online, doi: 10.1155/2012/740813 (Volltext)
Siobhán Howard, Brian M. Hughes (2008). Expectancies, not aroma, explain impact of lavender aromatherapy on psychophysiological indices of relaxation in young healthy women. British Journal of Health Psychology, 13/4, S. 603–617 (Abstract)

Süßstoffe lösen Hungerattacken aus

StimmtHaltNicht – Wer nach einem Diätpudding noch Hunger verspürt, sollte dafür nicht den Süßstoff im Pudding verantwortlich machen. Das sagt Andreas Fritsche von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Dass Süßstoffe nicht für vermehrten Heißhunger verantwortlich sind, ist zwar, wie wir nach kurzer Recherche gemerkt haben, eigentlich ein alter Hut. Aber in einer aktuellen Pressemitteilung erklärt es die DDG so gut, dass wir das Thema gerne noch mal aufnehmen.
Die Hungerattacken-Theorie geht so: Mensch isst Süßstoff. Der Körper denkt: Süßes? Das muss Zucker sein! Er schüttet das Hormon Insulin aus, um den Blutzuckerspiegel wieder zu senken. Im Tank ist aber Süßstoff, nicht Zucker. Um den Blutzuckerspiegel wieder auf Normalniveau zu bringen, bekommt Mensch jetzt wirklich Hunger.

Fritsche hält das für Unsinn: „Wenn überhaupt, vermittelt Insulin bei schlanken Menschen ein Sättigungssignal ans Gehirn.“ Dagegen sei das Gehirn von übergewichtigen Menschen wahrscheinlich unempfindlich gegenüber Insulin. Deshalb komme das Sättigungssignal möglicherweise nicht mehr im Gehirn an.

Und wo wir schon dabei sind:
•    Krebs bekommt man von den derzeit zugelassenen Süßstoffen auch nicht.
•    Das pflanzliche Süßungsmittel Stevia ist für Diabetiker nicht besser oder schlechter geeignet als andere Zuckerersatzstoffe. Stevia ist eine weitere Alternative zu Zucker, die keine Kalorien erhält, heißt es bei der DDG. Nicht mehr und nicht weniger (auch wenn das einige anders sehen, siehe Screenshot).

Screenshot Stevia

Screenshot: Fans lieben den Süßstoff Stevia

Quellen:
Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG): http://idw-online.de/de/news520274
European Food Safety Authority, EFSA (2011): Revised exposure assessment for steviol glycosides for the proposed uses as a food additive (PDF)
Deutschsprachige Übersicht zu den Aktivitäten der EFSA: www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/additives.htm?wtrl=01

Vitamin C, viel Flüssigkeit und Antibiotika helfen bei Erkältungen

StimmtHaltNicht – Fängt die Nase an zu laufen, bring Mutter schon mal eine heiße Zitrone. Die Hoffnung, dass das Vitamin C die Erkältung lindert, ist jedoch vergebens: „Wenn man mit Beginn der Erkältung Vitamin C einnimmt, hat das keinen Einfluss auf Stärke und Länge der Beschwerden“, sagen die Gesundheitsexperten von IQWiG auf dem „Merkblatt Erkältungen„. Und mehr noch: Zu viel Vitamin C kann sogar zu Nebenwirkungen führen, die belastender als die Symptome der Erkältung sind.

erkaeltung2Wenn Vitamin C nicht hilft, dann vielleicht viel Flüssigkeit (Stichwort Schleimlösung)? Eher nicht: Der Rat viel zu trinken sei ein Beispiel für eine weit verbreitete Empfehlung, für die es keine stichhaltige wissenschaftliche Begründung gibt, so das IQWiG. „Es gibt keinen medizinischen Grund, bei einer Erkältung mehr zu trinken, als einem das eigene Bedürfnis signalisiert.“

Und Antibiotika? Wieder nichts. Eine Erkältung ist zwar eine Infektion, jedoch wird diese in der Regel durch Viren verursacht. Antibiotika können aber nur Infektionen heilen, die durch Bakterien verursacht werden. Gegen Viren sind sie machtlos. Sagt das ggf. auch Eurem Arzt, wenn er den Rezeptblock zückt.

Was also tun, wenn die Nase juckt?

Medikamente gegen Erkältungskrankheiten gibt es (noch) nicht. Das ist jedoch auch gar nicht unbedingt nötig. Der Körper bekämpft eine Erkältung auch ohne zusätzliche Hilfsmittel erfolgreich. Nach etwa einer Woche sind die Beschwerden wieder verschwunden.

In der Zwischenzeit können das Inhalieren von Wasserdampf, einfache Bettruhe oder etwa Brustwickel bei einzelnen Betroffenen eventuell die Beschwerden lindern. Zuverlässige Belege für die Wirkung dieser Mittel gibt es jedoch nicht, so das Merkblatt. Besser sieht es da schon bei Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure (ASS, Apsirin) aus. Sie können nachgewiesenermaßen einige Symptome wie Halsschmerzen lindern.

Quelle:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Merkblatt Erkältungen http://www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-erkaeltung.176.de.html
Erkältungen: Hält Vitamin C gesund? http://www.gesundheitsinformation.de/erkaeltungen-haelt-vitamin-c-gesund.174.de.html

Bildquelle: www.pixelio.de

Fast Food macht Kinder krank

Grafik: Burger, Bild: Eva Künzel

Kranke Kinder durch Fast Food? Bild: Eva Künzel

StimmtHaltNicht – Asthma, Allergien und Ekzeme sollen durch Fast Food begünstigt werden. So oder so ähnlich fassten Journalisten und Blogger eine Studie von Philippa Ellwood zusammen. In der Welt, bei ntv, auf dem Ärzteportal doccheck und auf einer Seite für Waldorf-Lehrer: Überall wurde vor Pommes, Pizza und Burgern gewarnt.

Stimmt halt nicht, sagt zum Beispiel der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer. Auf Deutschlandradio Kultur fasst der Experte zusammen, was ihm an der Studie von Ellwood, vor allem aber am Umgang damit missfällt:

 

  • Was die Studienautoren unter Fast Food verstehen, bleibt unklar. Döner und Sushi sind aber nicht dasselbe.
  • Die statistische Auswertung der Daten hält Pollmer in Teilen für unglaubwürdig.
  • Nicht zuletzt: Auch die Studienautoren weisen darauf hin, dass andere Faktoren deutlich stärker mit Asthma und Allergien verbunden sind als Fast Food. Zu diesen anderen Faktoren zählen Smog, Tabakrauch, Stäube und Federkissen, aber auch Wohnungen, die von Milben, Kakerlaken und Schimmel befallen sind. Schlecht wirkte sich offenbar auch kaltes und nasses Wetter aus.

Natürlich muss man auch Udo Pollmer kritisch sehen. Aufgrund seiner provokanten Aussagen zu anderen Themen ist er unter Ernährungswissenschaftlern mindestens umstritten. Trotzdem macht er in diesem Fall, wie wir finden, auf einige wichtige Punkte aufmerksam.

Allerdings haben wir keinen Zugriff zur vollständigen Studie.

Quellen: Philippa Ellwood et al: Do fast foods cause asthma, rhinoconjunctovitis and eczema? Global findings from the international study of asthma and allergies in childhood (ISAAC) phase three. Thorax 2013, online vor Print. Abstract: http://thorax.bmj.com/content/early/2013/01/03/thoraxjnl-2012-202285
Udo Pollmer: Essen mit Verstand. Deutschlandradio Kultur, 9. Februar 2013, http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/mahlzeit/2005574/