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Sex mit vielen Frauen schützt vor Prostatakrebs

StimmtHaltNicht – Schläft Mann mit mehr als 20 Frauen, betreibt er Prostatakrebs-Vorsorge. So oder ähnlich lauteten in der vergangenen Woche die medialen Reaktionen auf eine kanadische Studie (Beispiele gibt es etwa hier oder hier). Wie die Studienergebnisse zustande kamen und dass deren Interpretation von Experten durchaus kritisch gesehen wird, darüber wurde jedoch kaum berichtet.

Die Studie: Prostatakrebs und Sex mit Frauen

Die kanadischen Wissenschaftler von der Universität Montreal hatten rund 1600 Prostatakrebs-Patienten nach ihrem Sexualverhalten gefragt und diese Erkenntnisse mit den Daten einer ähnlichen Gruppe gesunder Männer verglichen. Die Forscher setzten die Angaben besonders kontaktfreudiger und eher verklemmter Männer miteinander in Verbindung. Demnach hatten Männer, die mehr als 20 Sexpartnerinnen in ihrem Leben hatten, ein geringeres Risiko für Prostatakrebs als solche, die nur auf eine Partnerin kamen (für die meisten Männer, die zwei bis 20 Partnerinnen haben, sind diese Studienergebnisse demnach irrelevant).

Die mediale Berichterstattung über diese Studienergebnisse erweckt jedoch zum Teil den Anschein, dass es zwischen der Anzahl der Sexualpartnerinnen und einer Prostatakrebserkrankung einen Ursachen-Wirkung-Zusammenhang gibt. Diesen Schluss lässt die Studienform jedoch nicht zu.

Kritik am Studiendesign

Kritik am Studiendesign übt beispielsweise Dr. Mieke Van Hemelrijck vom King’s College London. Die Expertin für Krebsepidemiologie sagte dem Guardian: “Sexual activity was assessed with an interview. So we can’t be sure that men with prostate cancer didn’t reply in a different way to men without prostate cancer.” Und auch die Ergebnisse ließen keinen klaren Rückschluss auf einen kausalen Zusammenhang zwischen vielen Sexualpartnerinnen und Prostatakrebs zu. Es sei beispielsweise möglich, dass Männer, die nach sexueller Vielfalt suchen, im Alltag mehr auf sich achten und gesünder leben. Männer, die ihr Leben lang einer oder wenigen Partnerinnen treu bleiben, neigen laut Van Hemelrijck auch eher dazu, zum Proststakrebs-Screening zu gehen. Ihr Krebs wird dann auch häufiger erkannt.

Risikofaktoren für Prostatakrebs nicht bekannt

Die sexuelle Aktivität gilt laut Krebisinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums in Zusammenhang mit Prostatakrebs übrigens als widerlegtes Risiko (Stand 27.02.2014). Was genau den Krebs verursacht, weiß man heute (noch) nicht. Neben genetischen Veranlagungen vermutet man etwa auch im Lebensstil einen Risikofaktor für das Prostatakarzinom.

Quellen:

Andrea R. Spence, Marie-Claude Rousseau, Marie-Élise Parente. Sexual partners, sexually transmitted infections, and prostate cancer risk. Published Online: September 29, 2014 DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.canep.2014.09.005

The Guardian, Does sex with more than 20 women really protect against prostate cancer?, http://www.theguardian.com/society/shortcuts/2014/oct/29/does-sex-protect-against-prostate-cancer

Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, Prostatakrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung, http://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/prostatakrebs/risikofaktoren.php

Zentrum für Krebsregisterdaten, Krebs in Deutschland, http://www.rki.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_in_deutschland_node.html

„Massive Handynutzung kann zu Hirntumoren führen“

StimmtHaltNicht – Zwei Dinge sind weit verbreitet: Mobiltelefone und die Angst vor Krebs. Finden Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Handynutzung und Tumorrisiko, ist das für Journalisten fast immer ein Thema. Denn davon ist jeder Leser betroffen.

Entsprechend macht derzeit eine Studie aus Frankreich die Runde. Auf faz.net heißt es: „Massive Handynutzung kann zu Hirntumoren führen„, welt.de fragt: „Steigt das Hirntumor-Risiko durch Handystrahlung?„. Die Antwort folgt prompt: „Handys sind womöglich doch gesundheitsschädlicher als gedacht: Wer mehr als 15 Stunden pro Monat mit dem Handy telefoniert, hat ein erhöhtes Risiko, bestimmte Gehirntumore zu entwickeln.“

Doch worum geht es genau? Forscher um Gaëlle Coureau haben berechnet, welchen Einfluss die Handynutzung auf das Krebsrisiko hat. Menschen, die ihr Mobiltelefon mehr als 15 Stunden pro Monat über fünf Jahre hinweg ans Ohr halten, haben demnach ein zwei- bis dreifach höheres Risiko, einen Hirntumor zu entwickeln. Die französischen Wissenschaftler haben bösartige Gliome und (meist) gutartige Meningeome untersucht.

An dieser Studie gibt es einiges zu kritisieren – etwa, dass die Handynutzung im Nachhinein bei Krebspatienten und bei Gesunden abgefragt wurde. Dabei können leicht verzerrte Erinnerungen auftreten.

Wir haben uns aber etwas anderes gefragt: Was bedeutet denn ein zwei- bis dreifach höheres Risiko in diesem Fall? Die Antwort: Relativ wenig. Denn Hirntumore sind verhältnismäßig selten. Das Robert-Koch-Institut gibt an, dass 6920 Männer und Frauen im Jahr 2010 an Tumoren des zentralen Nervensystems erkrankten. Darin sind die bösartigen Gliome schon enthalten.

Statistisch erkrankt einer von 130 Menschen im Laufe seines Lebens an einer solchen Krebserkrankung des zentralen Nervensystems. Wenn man das also ganz grob und ohne Anspruch auf letzte Genauigkeit überschlägt – dann bedeuten diese Befunde: Von 130 Hardcore-Handynutzern erkranken 2 oder 3 im Laufe ihres Lebens an einem Hirntumor. 127 oder 128 bleiben aber trotzdem gesund.

Uns hat in der Berichterstattung eine solche Einordnung der Risiken gefehlt.

Nachtrag, 22. Mai 2014: Hanna Drimalla berichtet auf dasGehirn.info ebenfalls über Mobilfunk und Krebsrisiko. Zum ausführlichen Beitrag geht es hier.

Quellen:
www.faz.net (15. Mai 2014). Massive Handynutzung kann zu Hirntumoren führen (Link)
www.welt.de (15.Mai 2014). Steigt das Hirntumorrisiko durch Handystrahlung? (Link)
Robert-Koch-Institut/Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland (2013). Krebs in Deutschland 2009/2010, Seiten 104-107 (PDF)

Grenzwerte überschritten: Deos und Antitranspirantien enthalten zu viel Aluminium

RTL Explosiv hat am Wochenende mit einem Beitrag zu der Gefahr von Aluminium bzw. von Aluminiumsalzen in Deodorantes erneut zugeschlagen. Hintergrund ist diesmal wohl, dass das Verbraucherministerium – natürlich angeregt durch die RTL Recherche – prüft, wie gefährlich Aluminium in Kosmetika ist. Das ist in der Tat eine gute Nachricht. Auch wir sind gespannt, ob es hier neue Erkenntnisse geben wird, die über die Risikoeinschätzung des BfR hinausgehen. Eine weniger gute Nachricht ist, dass der Beitrag wieder – abermals über die Brustkrebspatientin Eva Glave – einen kausalen Zusammenhang zwischen Antitranspirantien mit Aluminiumsalzen und Brustkrebs herstellt. Aber darüber haben wir ja vergangene Woche bereits gebloggt und machen dieses Fass daher nicht noch einmal auf.

Neu sind beim aktuellen Beitrag vom 4. Mai allerdings die Einheiten der Aluminiummengen, die beim Benutzen der untersuchten Deos vom Körper aufgenommen werden. Während im ersten Beitrag vom 30. April die Mengen in der Grafik in Milligramm (mg) angegeben waren, sprach der Sprecher von Mikrogramm (µg). Im aktuellen Bericht vom 4. Mai sind auch die Angaben in der Grafik in Mikrogramm angegeben. (1)

Mengenangaben in Milligramm (mg) in der Sendung vom 30. April.

Mengenangaben in Milligramm (mg) in der Sendung vom 30. April. Screenshot: StimmtHaltNicht

Mengenangaben in Mikrogramm (µg) in der Sendung vom 30. April. Screenshot: StimmtHaltNicht

Mengenangaben in Mikrogramm (µg) in der Sendung vom 04. Mai. Screenshot: StimmtHaltNicht

Hat RTL diesen Fehler behoben, hätte man meinen können, dass der Sender das Missgeschick erklärt und nun genauere Angaben zu seiner Berechnung macht. Aber weit gefehlt: Der Zuschauer erfährt nun gar nichts mehr über die Berechnung des Aluminiumanteils. Doch gerade das wäre doch wichtig, denn nach dem BfR ist bisher ja nur wenig über die Aufnahme von Aluminium aus kosmetischen Mitteln über die Haut bekannt.

Wie viel Aluminium aus Deos geht durch die Haut?

Schaut man in den ersten Beitrag werden dort „wissenschaftliche Anhaltspunkte“ als Ausgangspunkt für die RTL-Berechnungen genannt. Diese besagten angeblich, dass „0,33 Prozent des aufgesprühten Aluminiums von der Haut aufgenommen werden“. Was die Quelle für diese „Anhaltspunkte“ ist, erfährt der Zuschauer nicht. Doch woher hat RTL die Angaben von 0,33 Prozent, wenn die zugrundeliegende Datenlage so schlecht ist?

Die Stellungnahme des BfR gibt hier womöglich Antworten. Doch zunächst liest man hier von erschreckend wenig Evidenz: „Die einzige In-vivo-Studie zur Hautpenetration von Aluminium aus Aluminiumchlorohydrat-haltigen Antitranspirantien wurde an lediglich 2 Probanden, einem Mann und einer Frau, durchgeführt.“, schreibt das BfR und gibt weiter zu bedenken, dass die Daten große Unterschiede zwischen den beiden Versuchspersonen zeigten. Sieht man von dieser WINZIGKEIT ab, gab es tatsächlich Ergebnis: Anhand der ausgeschiedenen Menge Aluminiums im Urin errechneten die Studienautoren eine Penetrationsrate von ca. 0,014 Prozent. Dass RTL einen anderen Wert nennt, hängt vermutlich damit zusammen, dass der Sender von aufgesprühten Deos spricht. Denn: „Bei der Verwendung eines aluminiumhaltigen Antitranspirants in Sprayform muss eine mögliche inhalative Aufnahme zusätzlich zur dermalen Aufnahme berücksichtigt werden. In Studien konnte gezeigt werden, dass die inhalative Aufnahme von Aluminium höher ist als die Aufnahme über das Trinkwasser, bei der eine orale Bioverfügbarkeit von 0,3 % angenommen wird.“, schreibt das BfR.

Es handelt sich bei dem RTL-Wert also vermutlich nicht alleine um die Aufnahme durch die Haut, sondern um die kombinierte Aufnahme durch Haut und Einatmen. (2) Bei der Verwendung eines Antitranspirants ausschließlich auf der Haut, zum Beispiel durch einen Deoroller, würde dagegen alleine die Penetrationsrate von ca. 0,014 Prozent greifen und die Ergebnisse wären längst nicht so spektakulär. Mehr noch: Die Mengenangaben würden eventuell unter den Grenzwert für einen 60 kg schweren Erwachsenen von 60,2 Mikrogramm (µg)/Woche fallen und die Verbraucher wären weniger besorgt.

BfR: Deos mit Aluminium sind auf Dauer nicht „tolerierbar“

Das BfR hatte übrigens in seiner Stellungnahme mit dem oben genannten Wert von 0,014 Prozent eine beispielhafte Rechnung über eine geschätzte Aluminiumaufnahme aus Antitranspirantien aufgestellt. Die Risikoexperten legten ihren Berechnungen die Annahmen zugrunde, dass als aktiver Wirkstoff in Antitranspirantien hauptsächlich Aluminiumchlorohydrat in einer Konzentration von ca. 20 Prozent zum Einsatz kommt und dies einem Aluminium-Anteil von etwa 5 Prozent entspricht. (3) Ebenso rechneten sie mit einer täglich zweimaligen Applikation auf einer Fläche von 200 cm².

Das Ergebnis: Die Aluminiumaufnahme liegt mit rund 73,5 µg tatsächlich über den 60,2 µg pro Woche, die für einen 60 kg schweren Erwachsenen als unbedenklich angesehen werden. Die Werte für geschädigte Haut, beispielsweise Verletzungen durch eine Rasur, lagen um ein Vielfaches darüber. Doch stop! Nicht jeder, der sich jetzt nicht mehr „so fit“, weniger „leistungsfähig“ oder „leicht erschöpft“ fühlt, hat gleich eine Aluminiumbelastung, wie es der RTL-Beitrag suggeriert. Bis eine Beeinträchtigung entsteht, dauert es eine Weile: „Die regelmäßige Benutzung eines aluminiumhaltigen Antitranspirants über Jahrzehnte hinweg führt möglicherweise zu einer Erhöhung der Aluminiumbelastung des Körpers, die zu einem späteren Zeitpunkt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beitragen können.“, so die Risikoexperten. Um genauere Angaben über Zeiträume und mögliche Beeinträchtigungen zu machen, fehlen Daten oder sind widersprüchlich.

BfR

Dunkelblau hinterlegte Felder kennzeichnen die Eigenschaften des in dieser Stellungnahme bewerteten Risikos
(nähere Angaben dazu im Text der Stellungnahme Nr. 007/2014 des BfR vom 26. Februar 2014)
Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Wer derweilen auf Nummer sicher gehen will, kann seine Aluminiumaufnahme selbst minimieren. Zum Beispiel indem er Anitranspirantien nicht unmittelbar nach der Rasur bzw. bei geschädigter Achselhaut aufträgt. Auch kann ein Deodorant ohne Aluminiumsalze verwendet werden. Und Aluminium ist keinesfalls nur in Deos: „Neben Antitranspirantien können auch dekorative Kosmetika, wie Lippenstift und Lidschatten, sowie Zahnpasten oder Sonnencremes Aluminium enthalten.“, so das BfR.

Quellen:

RTL, 04.05.14, Aluminium in Deos krebsauslösend? Verbraucherschutzministerium prüft Kennzeichnung, URL: http://www.rtl.de/cms/ratgeber/aluminium-in-deos-krebsausloesend-verbraucherschutzministerium-prueft-kennzeichnung-3a9d9-6e4e-24-1890836.html

Bundesinstitut für Risikobewertung, 26.02.2014, Aluminiumhaltige Antitranspirantien tragen zur Aufnahme von Aluminium bei, URL: http://www.bfr.bund.de/cm/343/aluminiumhaltige-antitranspirantien-tragen-zur-aufnahme-von-aluminium-bei.pdf

SpiegelOnline, 01.05.2014, Kosmetik mit Aluminium: Regierung prüft Gefährlichkeit von Deos, URL: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/aluminium-in-kosmetik-bundesregierung-prueft-gefahren-a-967130.html 

 

(1)  Danke noch einmal an Tommy, der in seinem Kommentar zum ersten Blogeintrag auf diesen Fehler aufmerksam gemacht hat.

(2) Ist dies der Fall ist auch hier ein gravierender Fehler im RTL-Beitrag, nach dem die wissenschaftlichen Anhaltspunkte ja besagen, dass „0,33 Prozent des aufgesprühten Aluminiums von der Haut aufgenommen werden“.

(3) Interessant wäre hier gewesen, ob die von RTL untersuchten Deodorantes einen ähnlichen Prozentanteil an Aluminiumchlorohydrat beinhalteten.

Experten: Aluminium in Deos macht Brustkrebs

StimmtHaltNicht – „Ich bin meiner Kollegin (…) dankbar, dass sie sich um dieses Thema gekümmert hat und dass wir Ihnen jetzt diesen Beitrag zeigen können. Deos können dazu beitragen, dass Brustkrebs entsteht. Das sagen Experten jetzt bei uns und schlagen wirklich Alarm. Es geht um einen bestimmten Inhaltsstoff und ich schwöre Ihnen, gleich fliegen bei Ihnen zu Hause ganz viele Deos in den Müll – bei mir war’s genauso.“

Gefährliche Krebsauslöser? Werfen Sie ihre Deos auf den Müll!  Screenshot: StimmtHaltNicht

Gefährliche Krebsauslöser? Werfen Sie ihre Deos in den Müll!
Screenshot: StimmtHaltNicht

So unfassbar unsachlich wie diese Anmoderation war auch der darauffolgenden Beitrag, den RTL am Samstagnachmittag in seinem Magazin „Explosiv“ zeigte. Es geht natürlich um Aluminium bzw. Aluminiumsalze in Antitranspirantien – und wieder einmal kommen die üblichen Wissenschaftler zu Wort und wieder einmal werden Passanten mit dem „fürchterlichen Verdacht“ konfrontiert.

Unglücklich ist auch die Darstellung der Brustkrebspatientin Eva Glave, die selbst einen Zusammenhang zwischen Aluminium und ihrer Erkrankung herstellt (in diesem Sinne kam sie bereits in der Dokumentation „Die Akte Aluminium“ zu Wort). Die Hebamme Glave zeigt sich zudem wütend, dass man nicht über das von Antitranspirantien ausgehende Risiko gewarnt hat: „Auch auf Zigarettenpackungen steht drauf: macht Krebs. Beim Deo bisher nicht“, sagt sie – und nennt auch gleich konkrete Zahlen. „Wenn man sich das vorstellt, dass viele darüber nicht informiert sind und dann irgendwie das benutzen und jede siebte Frau trifft dieser Scheiß ja sowieso, wenn davon vielleicht zwei dieses Problem als Auslöser haben, finde ich das ein ziemliches Unding.“ (1)

So traurig der Fall der Patientin ist – wir meinen, es ist ein Unding, dass die RTL-Journalisten diese Aussagen nicht reflektieren. Dass es Kritik an den erwähnten Untersuchungen gibt und sie in Fachkreisen kontrovers diskutiert werden, wird nicht gesagt. Da hilft auch der viel zu kurze O-Ton zur unzureichenden Datenlage eines Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) nicht. (2)

So wie RTL es darstellt, teilen viele Fachleute die Auffassung, das übermäßiger Deogebrauch krank machen kann. Welche Experten das neben Philippa Darbre sein sollen, wissen wir nicht. Unseren Quellen zufolge ist diese Aussage nicht haltbar. Denn es mangelt schlicht an hochwertigen Untersuchungen zu dieser Fragestellung. (3)

Über die Berechnung der Mengenangaben des aufgenommenen Aluminiums erfährt der Zuschauer so gut wie nichts, dabei wäre gerade das wirklich einmal hilfreich gewesen. Über Fehler in der RTL-Berechnung und die tatsächliche Aufnahmemenge von Aluminium haben wir hier noch einmal gebloggt. 

Quellen:
RTL, 27.04.14, Aluminium in Deos: Gefährliche Krebsauslöser?, URL: http://www.rtl.de/cms/ratgeber/aluminium-in-deos-gefaehrliche-krebsausloeser-3a9d9-6e4e-15-1886592.html
Bundesinstitut für Risikobewertung, 26.02.2014, Fragen und Antworten zu Aluminium in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten, URL: http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_aluminium_in_lebensmitteln_und_verbrauchernahen_produkten-189498.html#topic_189501
Krebsinformationsdienst, 04.12.2013: Deos und Antitranspirantien: Als Risiko verkannt?, URL: https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/mythen.php#inhalt13
Medizin-Transparent, Update, 31.3.2014, Brustkrebs durch Deos, URL: http://www.medizin-transparent.at/brustkrebs-durch-deos
Stiftung Warentest, 12.07.2013: Aluminium in Deos: Schweiß­hemmend und umstritten, URL: http://www.test.de/Aluminium-in-Deos-Schweisshemmend-und-umstritten-4570934-0/
SpiegelOnline, 19.03.2014: Wir machen uns mal frei: Ein Leben ohne Alu-Deo, http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/aluminium-in-deos-so-kommt-man-auch-ohne-alu-nicht-ins-schwitzen-a-959293.html

Anmerkungen:

(1) Tatsächlich muss etwa jede achte Frau damit rechnen, an Brustkrebs zu erkranken. Diese Berechnung gilt aber nur für die gesamte Lebensspanne, bezogen auf eine Lebenserwartung von mindestens 80 Jahren, so der Krebsinformationsdienst.

(2) Bitte auch noch den Kommentar von Tommy beachten!

(3) Dass der Verzicht auf aluminiumhaltige Deos sinnvoll sein kann, bestreiten wir übrigens nicht (Stichwort „tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge“). Dazu hat das BfR kürzlich auch eine Stellungnahme herausgegeben. Dass aber ein kausaler Zusammenhang zwischen der Benutzung von Deos bzw. Antitranspirantien mit Aluminium und Brustkrebs hergestellt und nicht auf die herrschenden Unsicherheiten hingewiesen wird, ist tatsächlich so nicht tragbar. Wie SpOn berichtet, prüft das Verbraucherministerium nun, wie gefährlich Aluminium in Kosmetika ist.

„Jolies Operation ist […] eine Panikhandlung“

Die Schauspielerin Angelina Jolie hat sich beide Brüste entfernen lassen. Sie will so Brustkrebs vorbeugen. Jolie hat das vor wenigen Tagen öffentlich verkündet. Darüber haben Medien auf der ganzen Welt berichtet. Auch die Feministin Alice Schwarzer hat eine Meinung dazu. Sie schreibt im Blog der Zeitschrift Emma:

„Nicht nur [Jolies] […] geliebte Mutter starb mit 56 an Brustkrebs, auch sie selbst trägt das Brustkrebsgen BRCA1 in sich. Laut Experten erhöht das das Risiko zu erkranken um 60 bis 90 Prozent. Doch lässt sich ein solches Problem mit dem Messer lösen? Kann ein Mensch Körperteile, die bedroht sein könnten, einfach abschneiden und bleibt dann gesund zurück? Gewiss nicht. Ein so entfremdetes, mechanisches Verhältnis zum eigenen Körper trägt dem komplexen Zusammenspiel eines Körpers inklusive der Rolle psychischer Einflüsse kaum Rechnung. Jolies Operation ist also weder mutig noch feige, sie ist eine Panikhandlung.“

Schwarzers Meinung bleibt ihr unbenommen. Einige Fakten sind aber in unseren Augen falsch oder missverständlich wiedergegeben. Wir helfen gerne weiter:

  • Angelina Jolies Brustkrebsrisiko ist nicht erhöht, weil sie das Brustkrebsgen BRCA1 trägt. Ihr Risiko ist, kleiner aber feiner Unterschied, erhöht, weil sie eine mutierte Version dieses Gens von ihrer Mutter geerbt hat. Das passiert relativ selten. Etwa eine von 500 Frauen trägt eine solche veränderte BRCA1-Variante. Manche Quellen gehen davon aus, dass dies noch seltener vorkommt.
  • Angelina Jolie selbst gibt ihr ursprüngliches Brustkrebsrisiko mit 87 Prozent an. Gemeint ist damit, dass sie mit eben dieser Wahrscheinlichkeit irgendwann in ihrem Leben an Brustkrebs erkrankt wäre, hätte sie sich nicht für eine sogenannte Mastektomie entschieden. Jolie sagt, die Operationen hätten ihr Brustkrebsrisiko auf unter fünf Prozent gesenkt. Dass trotzdem ein Restrisiko bleibt, liegt daran, dass Ärzte das Gewebe nie vollständig entfernen können.
  • Entfremdetes, mechanisches Körperverständnis, psychische Faktoren? Wir wissen nicht genau, was Alice Schwarzer damit meint. Wir vermuten, sie meint: Angelina Jolies
    Die Schauspielerin Angelina Jolie, Mikhail Popov (Михаил Попов, http://thebestphotos.ru/)

    Angelina Jolie, 2010 in Moskau. Bild: Mikhail Popov (Михаил Попов, http://thebestphotos.ru/) via Wikipedia

    Brustkrebsrisiko wäre auch gesunken, wenn sie irgendwie psychisch mehr mit sich im Reinen wäre. Das würde so allerdings nicht stimmen. Psychologen weisen schon länger darauf hin, dass die Vorstellung einer sogenannten Krebspersönlichkeit der Realität kaum entspricht. Der Mensch ist, und da hat Alice Schwarzer recht, nämlich verdammt kompliziert. Und so etwas komplexes wie den Einfluss der Seele auf die Krebsentstehung hat noch niemand nachvollziehbar nachgewiesen (außer, die Seele sagt: Trink wie ein Loch und rauch wie ein Schlot, aber das wäre eine andere Geschichte).

Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, dem empfehlen wir folgende Internetseiten:
Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/brustkrebsrisiko-mai2013.php und www.krebsinformationsdienst.de/leben/krankheitsverarbeitung/psyche-und-krebsrisiko.php
BBC Radio 4, More or Less: Angelina Jolie’s 87% cancer risk; Romanian crime stats (Sendung vom 17. Mai 2013, Podcast: www.bbc.co.uk/programmes/b01sdw2d)
Nachtrag, 21. Mai 2013: Bei Medizin-Transparent gibt es eine umfangreiche Analyse zu den bisher bekannten Fakten zur vorbeugenden Brustentfernung: www.medizin-transparent.at/das-paradox-der-brustentfernung