StimmtHaltNicht – Schläft Mann mit mehr als 20 Frauen, betreibt er Prostatakrebs-Vorsorge. So oder ähnlich lauteten in der vergangenen Woche die medialen Reaktionen auf eine kanadische Studie (Beispiele gibt es etwa hier oder hier). Wie die Studienergebnisse zustande kamen und dass deren Interpretation von Experten durchaus kritisch gesehen wird, darüber wurde jedoch kaum berichtet.
Die Studie: Prostatakrebs und Sex mit Frauen
Die kanadischen Wissenschaftler von der Universität Montreal hatten rund 1600 Prostatakrebs-Patienten nach ihrem Sexualverhalten gefragt und diese Erkenntnisse mit den Daten einer ähnlichen Gruppe gesunder Männer verglichen. Die Forscher setzten die Angaben besonders kontaktfreudiger und eher verklemmter Männer miteinander in Verbindung. Demnach hatten Männer, die mehr als 20 Sexpartnerinnen in ihrem Leben hatten, ein geringeres Risiko für Prostatakrebs als solche, die nur auf eine Partnerin kamen (für die meisten Männer, die zwei bis 20 Partnerinnen haben, sind diese Studienergebnisse demnach irrelevant).
Die mediale Berichterstattung über diese Studienergebnisse erweckt jedoch zum Teil den Anschein, dass es zwischen der Anzahl der Sexualpartnerinnen und einer Prostatakrebserkrankung einen Ursachen-Wirkung-Zusammenhang gibt. Diesen Schluss lässt die Studienform jedoch nicht zu.
Kritik am Studiendesign
Kritik am Studiendesign übt beispielsweise Dr. Mieke Van Hemelrijck vom King’s College London. Die Expertin für Krebsepidemiologie sagte dem Guardian: “Sexual activity was assessed with an interview. So we can’t be sure that men with prostate cancer didn’t reply in a different way to men without prostate cancer.” Und auch die Ergebnisse ließen keinen klaren Rückschluss auf einen kausalen Zusammenhang zwischen vielen Sexualpartnerinnen und Prostatakrebs zu. Es sei beispielsweise möglich, dass Männer, die nach sexueller Vielfalt suchen, im Alltag mehr auf sich achten und gesünder leben. Männer, die ihr Leben lang einer oder wenigen Partnerinnen treu bleiben, neigen laut Van Hemelrijck auch eher dazu, zum Proststakrebs-Screening zu gehen. Ihr Krebs wird dann auch häufiger erkannt.
Risikofaktoren für Prostatakrebs nicht bekannt
Die sexuelle Aktivität gilt laut Krebisinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums in Zusammenhang mit Prostatakrebs übrigens als widerlegtes Risiko (Stand 27.02.2014). Was genau den Krebs verursacht, weiß man heute (noch) nicht. Neben genetischen Veranlagungen vermutet man etwa auch im Lebensstil einen Risikofaktor für das Prostatakarzinom.
Quellen:
Andrea R. Spence, Marie-Claude Rousseau, Marie-Élise Parente. Sexual partners, sexually transmitted infections, and prostate cancer risk. Published Online: September 29, 2014 DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.canep.2014.09.005
The Guardian, Does sex with more than 20 women really protect against prostate cancer?, http://www.theguardian.com/society/shortcuts/2014/oct/29/does-sex-protect-against-prostate-cancer
Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, Prostatakrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung, http://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/prostatakrebs/risikofaktoren.php
Zentrum für Krebsregisterdaten, Krebs in Deutschland, http://www.rki.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_in_deutschland_node.html