StimmtHaltNicht – Mütter, die ihr Baby ausschließlich stillen, bereiten es damit besonders gut auf den Übergang zur Breikost vor. Dieser Wechsel gelingt dann besser und möglicherweise mit weniger Bauchschmerzen als bei Kindern, die nicht oder nur teilweise gestillt wurden. Das behauptet das Onlineportal Kinderärzte im Netz und verweist auf eine Studie von amerikanischen Forschern der University of North Carolina School of Medicine.
Die Behauptung: Stillen ist gut für die Darmflora
In der Untersuchung hatten Wissenschaftler um Andrea Azcarate-Peril über 14 Monate Stuhlproben von neun Babys gesammelt und die darin enthaltenen Darmbakterien bestimmt. Offenbar gab es deutliche Unterschiede zwischen der Darmflora von Babys, die ausschließlich Muttermilch getrunken hatten – verglichen mit Kindern, die zusätzlich auch Muttermilchersatz bekommen hatten.
Für ihre Meldung haben die Kinderärzte im Netz augenscheinlich die Pressemitteilung zur Studie herangezogen. Aus ihr zitieren sie die Studienleiterin mit den Worten: „Wir fanden heraus, dass Babys, die ausschließlich gestillt werden, eine Darmflora besitzen, die besser für die Einführung von fester Nahrung geeignet scheint als bei nicht gestillten Babys.“ Und auch die Wissenschaftlerin Amanda Thompson wird wiedergegeben: „Stillen scheint die Umstellung auf feste Nahrung wirklich zu erleichtern.“
Die Kritik: Warum sollte man die Studie nicht zu hoch hängen?
Was uns überrascht: Der Leser erhält keinerlei Einordnung der Ergebnisse. Klar ist, dass eine Untersuchung an neun Babys keine große Aussagekraft besitzt. Je geringer die Zahl der Probanden, desto größer die Möglichkeit, Zufallsbefunde abzubilden. Die Studienautoren selbst stufen die Ergebnisse aufgrund der kleinen Stichprobe denn auch nur als einen ersten Schritt zum Erstellen von Hypothesen für größere Studien ein. In der Originalstudie schreiben sie: „While this sample size is relatively small, our fine-grained analysis permits hypothesis generation for larger studies to assess the bacterial and functional impacts of solid food introduction and daycare attendance.“ Diese Einschränkung findet sich jedoch nicht in der Pressemitteilung wieder und auch die Meldung der Kinderärzte im Netz erwähnt sie nicht.
Wir fragen uns zudem, ob der Zusammenhang zwischen der Beschaffenheit von Stuhlproben und Bauchschmerzen bei Einführung von Breikost bei Babys wirklich so klar ist, wie es hier unterstellt wird. Zumindest in der zugrundeliegenden Untersuchung wurde nicht getestet, ob es den Kindern im Magen zwickte. Das jedoch dürfte Eltern besonders interessieren. Stattdessen analysierten die Wissenschaftler, welche bakteriellen Enzyme sich in den Ausscheidungen der Babys fanden.
Eine kompetente Einordnung der Studie wäre genau das, was wir uns von Kinderärzten im Netz wünschen. Und das versprechen sie sogar selbst. Auf der Internetseite heißt es, der Berufsverband der Kinder und Jugendärzte habe sich auf die Fahnen geschrieben, Eltern, Heranwachsenden und Interessierten aktuelle, sachlich fundierte und allgemein verständliche Auskunft rund um das Thema Kindergesundheit zu bieten.
Quellen:
Kinder- und Jugendärzte im Netz, 13. März 2015: Übergang zu Breimahlzeiten: Darmflora von gestillten Kindern gut vorbereitet (Link)
M. A. Azcarate-Peril et al. (2015). Milk- and solid-feeding practices and daycare attendance are associated with differences in bacterial diversity, predominant communities, and metabolic and immune function of the infant gut microbiome. Front. Cell. Infect. Microbiol. DOI: 10.3389/fcimb.2015.00003 (Volltext)