Archiv der Kategorie: Allgemein

Cranberrysaft beugt einer Blasenentzündung vor

StimmtHaltNicht – Hilft Cranberrysaft gegen Blasenentzündungen? Das wurde in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert. Jetzt steht fest: Eine vorbeugende Wirkung von Cranberrysaft ist unwahrscheinlich. Das schreiben Wissenschaftler in einer systematischen Übersichtsarbeit, die jetzt in der Cochrane Library erschienen ist. Falls es doch einen Nutzen gebe, sei der in jedem Fall kaum der Rede wert und gelte auch nur für Frauen mit wiederkehrender Zystitis, wie Fachleute eine Blasenentzündung nennen.

Cranberrysaft

Cranberrysaft. Foto: StimmHaltNicht

In der bisher letzten Übersicht der Cochrane Library aus dem Jahr 2008 hatte es noch geheißen, Cranberrys könnten zumindest in begrenztem Umfang gegen Infektionen der Harnwege helfen. Jetzt sagen die Cochrane-Experten, dass ein Nutzen ziemlich unwahrscheinlich ist. Sie stützen ihre Aussage auf 24 einzelne Studien mit insgesamt 4473 Teilnehmern. Cranberry-Extrakte wurden entweder in Form von Saft, Tabletten oder Kapseln verabreicht. Zum Vergleich wurden Menschen herangezogen, die entweder glaubten, Cranberry-Produkte zu sich zu nehmen oder aber anderweitig behandelt wurden. Veröffentlichungen der Cochrane Collaboration geben einen guten Überblick über den aktuellen Wissensstand zu einer medizinischen Fragestellung.

Quellen:
Jepson RG, Williams G, Craig JC. Cranberries for preventing urinary tract infections. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 10. Art. No.: CD001321. DOI: 10.1002/14651858.CD001321.pub5. Abstract: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD001321.pub5/abstract
Pressemitteilung: www.eurekalert.org/pub_releases/2012-10/w-cjn101212.php#
Zum Weiterlesen: Blasenentzündung: Ärzte rätseln über Schutzwirkung der Cranberry, Spiegel Online. Der Text ist im Juli 2012 erschienen, die aktuelle Cochrane-Veröffentlichung fehlt deshalb. Trotzdem ein ganz guter Überblick.

Schmerzmittel Paracetamol verursacht Leberschäden

StimmtHaltNicht – Paracetamol wirkt und verursacht in der Regel keine Schäden an der Leber. Das sagt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Nachdem Wirksamkeit und Sicherheit von Paracetamol-haltige Arzneimittel in den vergangenen Jahren immer wieder hinterfragt wurden, hat das BfArM die wissenschaftlichen Studien zum Thema neu ausgewertet. Die Arzneimittelexperten schlussfolgern:

1.       Paracetamol wirkt bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und bei Fieber.

2.       Wer das Medikament wie empfohlen einnimmt, braucht sich keine Sorgen um seine Leber zu machen – in den Untersuchungen konnten keine Leberschädigungen festgestellt werden. Wer jedoch zu viel Paracetamol einwirft, kann Schaden nehmen: Eine Paracetamol-Überdosierungen ist in Deutschland für 9 von 100 der Fälle von akutem Leberversagen verantwortlich.

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Quellen: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Informationen aus BfArM und PEI,  Ausgabe 3 | September 2012. www.bfarm.de/SharedDocs/1_Downloads/DE/BfArM/publ/bulletin/2012/3-2012.pdf?__blob=publicationFile

Ärzteblatt: BfArM bewertet Paracetamol als wirksam und sicher. www.aerzteblatt.de/nachrichten/51655

Die Hirnforschung tut so, als habe sie auf alles eine Antwort

StimmtHaltNicht. Die Hirnforschung – wer auch immer damit gemeint ist – ist sich ihrer Grenzen ganz gut bewusst. Zumindest, so weit wir das beurteilen können.

Aber der Reihe nach: In dieser Woche haben sich die Journalisten des SZ-Magazins entschieden, ihre Titelgeschichte der Hirnforschung zu widmen. Angekündigt wird sie mit der Überschrift: „Hohle Nuss„. Damit ist schon mal klar, in welche Richtung es geht. In der Unterzeile heißt es, „die Hirnforschung“ tue so, als „habe sie auf alles eine Antwort“. Damit wird der gesamte Forschungszweig so weit überhöht, dass er tief fallen muss.

Wir finden, dass Andreas Bernard, der Autor, nicht immer sauber argumentiert. Der Text ist ziemlich lang. Deshalb beschränken wir uns auf drei Beispiele, an denen das deutlich wird.

1. Nicht ganz neu ist der Vorwurf, „die“ Hirnforschung erhalte mehr öffentliche Aufmerksamkeit, als ihr aufgrund ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse zustehe. Auch im SZ-Magazin wird dieses Argument aufgegriffen. Als Beleg dienen die aktuellen Bestellerlisten:

Nicht umsonst versuchen drei der fünf meistverkauften Sachbücher im August 2012 den Geheimnissen des Denkens auf die Spur zu kommen.

Grafik: Hirnforschung, Bild: Eva Künzel

Die Hirnforschung: Weiß sie auf alles eine Antwort?

Geschenkt, dass Bücher über das Denken nicht zwangsläufig aus einer neurowissenschaftlichen Perspektive geschrieben sein müssen. Nicht ganz fair ist allerdings, dass Bernard nur die Zahlen verwendet, die in seine Argumentation passen, nämlich die Verkäufe von Hardcover-Sachbüchern. Bei den Taschenbuch-Sachbüchern werden die ersten drei Plätze von Veröffentlichungen belegt, die sich mit dem Thema Schule beschäftigen; „Lehrerkind“, „Chill mal, Frau Freitag“ und „Voll streng, Frau Freitag“ (Stand 2. September 2012). Schaut man sich an, welche Hardcover-Sachbücher im Jahr 2011 am besten liefen, bleiben die Namen Steve Jobs, Helmut Schmidt und Richard David Precht hängen. Wir wären vorsichtig, aus solchen Zahlen allgemeine Trends abzuleiten.

2. Weiter im Text. Noch auf der ersten Seite wird „den“ Hirnforschern ein recht vereinfachendes Menschenbild unterstellt:

Nur die messbare Hirnaktivität macht [für Hirnforscher] das Wesen des Menschen aus.

Das würde bedeuten, dass Neurowissenschaftlern alle Aspekte des Mensch-Seins egal wären, die man nicht mit fMRT- oder PET-Bildern abbilden kann. Es wäre so ähnlich, als würde man sagen: Wir messen, wie schnell ein Auto fahren kann, dann wissen wir alles über das Wesen dieses Autos.
Die Frage ist nur: Stimmt der Vorwurf? Wir haben geschaut, was Wissenschaftler (1) zu den derzeitigen Grenzen ihres Fachgebiets sagen, insbesondere zur Aussagekraft von Hirnscans:

Denn dass sich […] [etwas] im Gehirn an einer bestimmten Stelle abspielt, stellt noch keine Erklärung im eigentlichen Sinne dar. Und wie das funktioniert, darüber sagen diese Methoden nichts, schließlich messen sie nur sehr indirekt, wo in Haufen von hundert Tausenden von Neuronen etwas mehr Energiebedarf besteht. Das ist in etwa so, als versuche man die Funktionsweise eines Computers zu ergründen, indem man seinen Stromverbrauch misst, während er verschiedene Aufgaben abarbeitet.

Das klingt nicht unbedingt nach einem Allmachtsanspruch, bei dem nichts außer Hirnaktivität als Beleg für eine These gelten darf. Tatsächlich ist es so: Seriöse Forscher wissen, dass Hirnscans ein Puzzleteil sind, das helfen kann, Menschen zu verstehen. So, wie es auch helfen kann zu wissen, wie schnell ein Auto fahren kann.

3. Einen langen Abschnitt geht es um die Frage, ob Neuroimaging in Gerichtsverfahren helfen kann. Forscher wollen, so wird es dargestellt, eine Art unfehlbaren Lügendetektor konstruieren. Bilder des Gehirns sollen zeigen, ob jemand die Wahrheit sagt. Das Thema ist komplex, wir wollen es inhaltlich nicht weiter kommentieren. Aber: Ist es tatsächlich „eine der größten Ambitionen vieler Forscher“?
Der Kronzeuge, der im SZ-Magazin herangezogen wird, heißt John-Dylan Haynes. Er arbeitet tatsächlich an dem Thema. Nur: Ganz so euphorisch scheint er gar nicht zu sein. Er sagt in einem 3Sat-Beitrag:

Es wäre natürlich toll, wenn wir am Flughafen erkennen könnten, ob jemand vorhat, das Flugzeug in die Luft zu jagen, also wenn es einen ganz schnellen Screening-Test dafür gäbe. Aber ich glaube nicht, dass wir das in den nächsten Jahren so schnell sehen werden können, und zwar weil nämlich die möglichen bösen, finsteren Absichten, die eine Person haben kann, natürlich ganz vielfältig sind.

Auf diese Selbsteinschätzung hätte man natürlich hinweisen können. Und ob die Arbeit eines Wissenschaftlers gleichzusetzen ist mit „der größten Ambition vieler Forscher“?

Wir sind übrigens nicht der Ansicht, dass man Hirnforscher im Allgemeinen und Neuroimaging-Verfechter im Besonderen nicht kritisieren darf. Wir würden uns bloß mehr Fairness in der Argumentation wünschen.

Quellen:
(1) Christian Egler, Angela Friederici, Christof Koch, Heiko Luhmann, Christoph von der Malsburg, Randolf Menzel, Hannah Monyer, Frank Rösler, Gerhard Roth, Henning Scheich, Wolf Singer (2006). Das Manifest. Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung. In: Carsten Könneker: Wer erklärt den Menschen, S. 77-84.
(2) Rainer Mausfeld, Onur Güntürkün (2006). Wissenschaft im Zwiespalt. In: Carsten Könneker: Wer erklärt den Menschen, S. 129-137.

Immer erreichbar, immer im Stress: Da muss man ja depressiv werden.

StimmtHaltNicht. Es klingt so einleuchtend: Wer auch nach Feierabend schaut, ob der Chef eine Mail geschrieben hat, wer sonntags an seinen Projekten sitzt – der kann irgendwann nicht mehr. Und wird depressiv.

So argumentiert auch der AOK-Bundesverband. Vor Kurzem hat die Interessenvertretung der Allgemeinen Ortskrankenkassen eine Auswertung eigener Daten vorgestellt, den „Fehlzeiten Report 2012“. Dazu gehörte auch eine ausführliche Pressemitteilung. AOK-Vorstand Uwe Dreh stellt darin fest, dass die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen zunehmen. 2011 haben Mitarbeiter demnach an doppelt so vielen Tagen wegen psychischer Probleme gefehlt wie 1994. Einen Grund für diese Entwicklung liefert die AOK nach: „Arbeitnehmer, die ständig erreichbar sind, die immer am oberen Limit arbeiten oder lange Anfahrtswege zur Arbeit in Kauf nehmen, sind großen psychischen Belastungen ausgesetzt“, sagt Helmut Schröder, Herausgeber des Fehlzeiten-Reports. Viele Medien haben diese Vorlage aufgegriffen. Bild.de titelt „So krank macht Flexibilität„, die Rheinische Post schreibt „Pendeln und ständige Erreichbarkeit machen krank„.

Dass heute mehr Menschen wegen psychischer Probleme krankgeschrieben werden als vor einigen Jahren, bestreitet niemand. Aber ist Stress im Beruf wirklich dafür verantwortlich? Ulrich Hegerl glaubt, dass – insbesondere bei Depressionen – andere Dinge entscheidend sind. Er ist Psychiater und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Er schreibt in einer Reaktion:

„Hinter der Zunahme in den Statistiken dürfte jedoch eher die sehr wünschenswerte Entwicklung stehen, dass
•    sich mehr Erkrankte professionelle Hilfe holen,
•    Ärzte Depressionen besser erkennen und behandeln, und, vermutlich am wichtigsten,
•    Depressionen auch Depressionen genannt und nicht hinter weniger negativ besetzten Ausweichdiagnosen […] versteckt werden.“

Ob veränderte Bedingungen im Job zu Depressionen führen, ist nach Hegerls Ansicht unklar. Er gibt zu bedenken, dass die Arbeitsschutzgesetze heute strenger seien als vor einigen Jahren. Zudem seien Depressionen bei Berufstätigen nicht häufiger als bei anderen Menschen – dies müsste aber so sein, wenn Arbeit der entscheidende Faktor wäre.

Wir vertrauen hier bei StimmtHaltNicht niemandem blindlings. Deshalb haben wir in Leitlinien für Fachleute und Patienten sowie in Lehrbücher geschaut. Dass die moderne Arbeitswelt für psychische Erkrankungen verantwortlich ist, steht darin aber auch nicht. Trotzdem ist es möglich, und vielleicht zeigen Studien in Zukunft auch deutliche Ursache-Wirkung-Beziehungen. Im Moment würden wir uns mit pauschalen Aussagen wie „Arbeit macht krank“ aber noch zurückhalten. Und trotzdem sonntags auch mal nichts machen.

Quellen:
AOK-Pressemitteilung vom 18. August 2012, http://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2012/index_08759.html
Pressemitteilung der Deutschen Depressionshilfe: http://idw-online.de/de/news492260
Übersicht über Leitlinien zur unipolaren und bipolaren Depression: http://www.dgppn.de/publikationen/leitlinien/leitlinien10.html
Patientenleitlinie zur unipolaren Depression: http://www.versorgungsleitlinien.de/patienten/pdf/nvl-depression-patienten.pdf
Lehrbuch: Renneberg, Heidenreich, Noyon: Einführung klinische Psychologie

Digitale Medien machen dumm und aggressiv

StimmtHaltNicht. Machen Navis dumm, weil sie uns das Denken abnehmen, verkümmert unser Gedächtnis, weil wir Fakten in Clouds abspeichern oder googlen können? Der Psychologe, Hirnforscher und Bestsellerautor Manfred Spitzer meint: ja. In seinem neuen Werk „Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“ warnt er vor schädlichen Folgen für Heranwachsende.

Die Kollegen von dasgehirn.info haben das Buch gelesen. Ihr Fazit: Solange Spitzer über konkrete Gefahren für Kinder und Jugendliche schreibt, belegt er seine Thesen nachvollziehbar. Doch was ist mit der eingangs zitierten Aussage, dass Internet, Computer und Smartphones auch für Erwachsene Teufelszeug sind? Gut belegt ist sie anscheinend nicht, wie der vollständige Beitrag der Hirnexperten zeigt.
Wir von StimmtHaltNicht denken nicht, dass das Internet grundsätzlich schlecht ist – schon weil wir darin so interessante Beiträge wie diesen finden.

Quelle: http://dasgehirn.info/aktuell/hirnforschung/der-sarrazin-kniff-mit-der-digitalen-demenz-4779

Tiere können vorhersagen, wie die Europameisterschaft ausgeht.

StimmtHaltNicht. Tiere können die Ergebnisse von Fußballspielen nicht vorhersagen. Genausowenig wie Menschen. Trotzdem sind wir uns sicher: Irgendein Elefant, Schwein oder Frettchen wird am Ende der Europameisterschaft alles richtig getippt haben.

Warum glauben wir das? Für eine Mannschaft hat die EM im besten Fall sechs Spiele, drei in der Vorrunde und dann Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel. Die Chancen, den Ausgang aller Partien per Zufall, nun ja, korrekt vorherzusagen, sind nicht besonders hoch. Wenn aber jeder Zoo in Europa einen tierischen Experten nominiert, kann man davon ausgehen, dass einer von ihnen Recht hat. Und die Chancen, dass wir alle bis zum Ende der Europameisterschaft vergessen haben wer falsch lag, sind auch nicht schlecht. Oder kann sich noch jemand an die Konkurrenten von Krake Paul erinnern?

Um anschaulich zu machen, was wir meinen, reichen uns die drei Vorrundenspiele. Deutschland kann gegen Portugal, die Niederlande und Dänemark jeweils gewinnen, verlieren, oder unentschieden spielen. Wir gehen davon aus, dass jeder Tipp gleich wahrscheinlich ist. Insgesamt gibt es 27 Möglichkeiten, die Ergebnisse zu kombinieren (3 x 3 x 3). Eine ganz bestimmte Reihenfolge – zum Beispiel Sieg gegen Portugal, Unentschieden gegen die Niederlande und Sieg gegen Dänemark würde mit der Wahrscheinlichkeit von 1 zu 27 eintreten. Eine Reihenfolge von sechs Spielen korrekt zu raten, ist natürlich etwas schwieriger – aber nicht unmöglich.

Quellen:
Google-Suche nach „EM-Orakel

Vitamin C hilft bei Erkältungen, Nahrungsergänzungsmittel sind gesund

StimmtHaltNicht – Weder hilft Ascorbinsäure bei einer akuten Erkältung, noch fördern Nahrungsergänzungsmittel bei normaler Ernährung die Gesundheit. Pfeift sich jemand dennoch irgendwelche Zusätze rein, tut er dies für die Katz‘ – oder im Fall von Vitamin C für die Toilette: zu viel aufgenommenes Vitamin C speichert der Körper nicht und scheidet es beim nächsten WC-Besuch wieder aus.

Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine, Spurenelemente oder bestimmte Fettsäuren werden zwar immer wieder als gesundheitsfördernd beworben, in der Regel sind sie dies aber nicht. Es handelt sich viel mehr um normale Lebensmittel. Per Gesetz dürfen sie keine pharmakologische Wirkung haben. Soll heißen: Anders als Arzneimittel, die den Körper und seine Funktionen beeinflussen, haben Nahrungsergänzungsmitteln keine besondere Wirkung. Ihr Zweck ist, dem Körper Nährstoffe zuzufügen. Darauf weisen immer wieder Experten wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, www.bfr.bund.de) oder zuletzt die Redaktion von www.gesundheitsinformationen.de hin.

Wollt Ihr mehr zum Thema wissen? Gebt uns kurz Bescheid. Wir schreiben gerne noch ein paar Zeilen mehr. Gerade zum Thema Vitamin C gibt es hervorragende Studien.

P.S. Im Einzelfall können Nahrungsergänzungsmittel natürlich sinnvoll sein. Etwa bei Menschen mit Mangelernährung.

Quellen:
Das IQWiG hat evidenzbasierte Informationen zu Nahrungsergänzungsmitteln in einem Spezial zusammengefasst: www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-nahrungsergaenzungsmittel.383.de.html
Das Bundesinstitut für Risikobewertung beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema; www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nahrungsergaenzungsmitteln-10885.html

Hunde und Herrchen sehen sich immer ähnlicher (wie süß von ihnen).

StimmtHaltNicht. Zumindest gibt es dafür keine Belege. Wissenschaftliche Arbeiten, die diese Frage untersucht haben, sind uns keine nur wenige in die Finger gekommen. Keine davon stützt die These, dass sich Hunde und ihre Besitzer in ihrem Aussehen mit der Zeit immer ähnlicher werden. Und das, obwohl es Paris Hilton und ihre Chihuahuas gibt, obwohl Rudolf Moshammer und seine Daisy auch optisch ein verdammt gutes Gespann waren.

Eine der wenigen Studien zum Thema stammt von Nicholas Christenfeld und Michael Roy. Bereits 2004 erschien die Untersuchung „Do Dogs Resemble Their Owners?“ im Fachblatt Psychological Science.

Was wurde untersucht? Christenfeld und Roy fotografierten zunächst 45 Hunde und, getrennt davon, deren Herrchen. Die Bilder wurden so gemischt, das jeweils ein Hund, sein Besitzer und ein nicht zugehöriger Hund in einer Serie waren. 28 Studenten sollten dann jeweils das passende Paar bestimmen. 16 von 25 reinrassigen Tieren konnten die Studenten korrekt zuordnen. Bei Mischlingen klappte es nicht so gut: Die Studenten lagen öfter falsch als richtig.

Wichtig für unsere Fragestellung ist aber: Machte es einen Unterschied, wie lange sich Hund und Herrchen schon kannten? Die Antwort der Studienautoren: Es machte keinen Unterschied. Vielmehr vermuten Christenfeld und Roy, dass Menschen sich offenbar lieber Tiere zulegen, die ihnen bereits ähnlich sind.

Und auch selbst wenn Christenfeld und Roy einen angleichenden Effekt zwischen Hund und Herrchen festgestellt hätten, hätte dieser wohl nicht genügt, um unsere Frage wirklich zu beantworten. Denn tatsächlich machen 45 Hunde, ihre Herrchen und die Urteile von 28 Studenten keinen beeindruckenden statistischen Effekt aus. Die Stichprobe ist dazu einfach viel zu klein. Es gibt deutlich mehr Tier-Mensch-Paare auf der Welt. (In 4,9 Millionen Haushalten leben in Deutschland Hunde. Das sagen zumindest Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung von 2010.) Es kann deshalb sein, dass Christenfeld und Roy mit ihrer Studie einen Zufallsbefund abgebildet haben – und die meisten anderen Hunde ihren Besitzern nicht ähnlich sehen. Bis wir eine groß angelegte, methodisch einwandfreie Studie sehen, bleibt es deshalb dabei: StimmHaltNicht.

Quellen:
Roy MM, Christenfeld NJ (2004). Do dogs resemble their owners? Psychological Science  15(5):361-3.
Payne C, Jaffe K (2005). Self seeks like: Many humans choose their dog-pets following rules used for assortative mating. Journal of Ethology 23: 15-18.
GfK Panel Services Deutschland (2010). Siegeszug der Stubentiger.

Was ich bei Facebook nicht angebe, weiß Facebook auch nicht über mich.

StimmtHaltNicht – Soziale Netzwerke können die sexuelle Orientierung ihrer Nutzer berechnen. Oder welche Partei sie wählen. Das gilt auch dann, wenn jemand keine eigenen Angaben macht. Voraussetzung ist jedoch, dass genug „Freunde“ die entsprechenden Informationen freigegeben haben. Geheimnisse vorm Netzwerk? Pustekuchen!

Grafik: Facebook, Bild: Eva Künzel

Facebook: Was weiß das Netzwerk?

Und Experten gehen noch weiter: Glaubt man einer aktuellen Untersuchung sind nicht einmal die privaten Daten derjenigen sicher, die Facebook fernbleiben: Informationen von Mitgliedern sozialer Netzwerke lassen sich auf Nicht-Mitglieder übertragen. Es sei möglich, so die Studien-Autoren, etwa 40 Prozent richtige Vorhersagen über Bekanntschaften von Nicht-Mitgliedern zu treffen. Soll heißen: Auch wenn Du Dich nicht anmeldest – fast die Hälfte Deines Freundeskreises könnte das Netzwerk kennen. Die berechnete Vorhersage der Wissenschaftler ist 20 Mal besser, als wenn man raten würde.

Wie geht das? Das Stichwort heißt „Link prediction„. Vereinfacht haben die Forscher persönliche Informationen der Nutzer wie Freundschaftsbeziehungen und hochgeladene E-Mail-Adressbücher auf die Nicht-Nutzer übertagen. Verwendet haben sie dazu wohl ein „Standard-Verfahren des maschinellen Lernens“. Wies genau funktioniert ist für StimmthaltNicht zu hoch. Kenner können aber gerne einen Blick in die Studie werfen.

Soziale Netzwerke teilen die Gesellschaft in Mitglieder und Nicht-Mitglieder auf. Beziehungen zwischen Nicht-Mitgliedern, deren E-Mail-Adressen dem Netzwerk von Mitgliedern mitgeteilt wurden (rote Verbindunglinien), können anhand der beidseitig bestätigten Freundschaftsbeziehungen zwischen Mitgliedern (schwarze Linien) und ihren Verbindungen zu Nicht-Mitgliedern (grüne Linien) mit großer Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden. Abbildung: Ágnes Horvát

Beziehungen zwischen Nicht-Mitgliedern, deren E-Mail-Adressen dem Netzwerk von Mitgliedern mitgeteilt wurden (rote Verbindunglinien), können anhand der beidseitig bestätigten Freundschaftsbeziehungen zwischen Mitgliedern (schwarze Linien) und ihren Verbindungen zu Nicht-Mitgliedern (grüne Linien) mit großer Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden. ALLES KLAR? Abbildung: Ágnes Horvát

Bleibt noch der erhobene Zeigefinger: Die Untersuchung habe gezeigt, welches Potential soziale Netzwerke hätten, um Informationen über Nicht-Mitglieder abzuleiten. Insbesondere auch deshalb, weil die Netzwerke mehr Informationen als Kontaktdaten haben, etwa das Alter, den Beruf oder den Wohnort. Man müsse nun auch überlegen inwieweit Informationen genutzt werden dürften, für die es keine Freigabe der betroffenen Personen gibt.

P.S. Habt Ihr WhatsApp? Na dann gehört Ihr ja auch zu den Kollegen, die Ihren kompletten Freundeskreis „hochgeladen“ haben. Aber es gibt gute Nachrichten. Zumindest dieser Anbieter scheint (noch) nicht groß rumzurechnen.

Quellen:
PM zur Studie der Uni Heidelberg, http://idw-online.de/de/news475196
Horvát E-Á, Hanselmann M, Hamprecht FA, Zweig KA (2012): One Plus One Makes Three (for Social Networks). PLoS ONE 7(4): e34740. doi:10.1371/journal.pone.0034740, URL: http://www.plosone.org/article/fetchObjectAttachment.action;jsessionid=AB2B9709ACD97
746455CC512B7DAE995uri=info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0034740&represent
ation=PDF

Knoblauch hilft gegen Erkältungen.

StimmtHaltNicht. Eine Erkältung dauert mit Knoblauch genauso lange wie ohne. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler Elizabeth Lissiman, Alice Bhasale und Marc Cohen. Im Auftrag der Cochrane Collaboration werteten sie Studien aus, die den Einfluss von Knoblauch auf Erkältungen untersuchten.

Wobei Studien etwas zu viel gesagt ist: Die Forscher konnten für den Zeitraum von 1950 bis 2011 nur eine einzige Arbeit finden, die die Wirkung des Lauchgewächses untersucht hat und statistisch aussagekräftig war.* In dieser Untersuchung aus dem Jahr 2001 erhielten 146 Menschen entweder ein Knoblauch-Präparat oder ein vergleichbares Mittel ohne Wirkstoff. Wer sich in den zwölf Wochen der Untersuchung erkältete, wurde mit Knoblauch genauso schnell wieder fit wie ohne. Natürlich lassen sich aus einer einzigen Studie nur begrenzt Schlüsse ziehen. Um wirklich sichere Aussagen zu treffen, müssten andere Wissenschaftler zu ähnlichen Ergebnissen kommen.

Das gilt auch für ein weiteres Ergebnis, von dem die Cochrane-Autoren berichten: Insgesamt schienen die Knoblauch-Esser seltener an Erkrankungen zu leiden: 24 Erkältungen standen 65 in der Placebo-Gruppe gegenüber. Das würde zum guten Ruf, den das Lauchgewächs hat, passen. Er soll gegen krankmachende Mikroorganismen, Pilze und Bakterien wirken. Wie genau das funktionieren soll, ist noch unklar. Bevor man sich nun aber täglich große Mengen Knoblauch zur Vorbeugung reinpfeift, sollte man bedenken: Zu den Nebenwirkungen zählte ein strenger Körpergeruch.Movie Fifty Shades Darker (2017)

Wie kommen wir überhaupt im Frühjahr 2012 auf das Thema Erkältungen? Schon richtig, eigentlich passt das noch besser in Schniefnasen-Monate wie November oder Dezember. Aber vor kurzem haben wir haben ein BBC-Interview mit Edzard Ernst zum Thema Knoblauch gehört – und das wollten wir nicht für uns behalten. Ernst ist Professor für Alternativmedizin an der Universität Exeter, und außerdem ziemlich unterhaltsam. Den Link zum Podcast gibt es hier. Ab Minute 15:47 fasst Ernst seinen Wissensstand zum Thema Knoblauch zusammen.

Neben Erkältungen geht es in dem Beitrag auch um Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Darmkrebs. Ernst sagt: Dass Knoblauch ein bisschen gegen bekannte Risikofaktoren hilft, haben Studien (und da gibt es mehr als zu Schnupfen) gezeigt. Zur Behandlung taugt das Gewächs nicht – es könnte jedoch durchaus einen vorbeugenden Effekt haben. Eine große, randomisiert kontrollierte Studie mit Freiwilligen, die entweder Knoblauch oder Schein-Präparate nehmen und später (zum Beispiel nach 20 Jahren) auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht werden, gibt es aber noch nicht.

* Wen es interessiert: Die anderen Studien, die Lissiman und ihre Kollegen fanden, hatten methodische Mängel. Sie hatten keine Kontrollgruppe oder unterschieden nicht klar zwischen Grippe und Erkältung, sie waren nicht verblindet – konnten einen Placeboeffekt also nicht ausschließen – oder verglichen die Wirkung von Nasensprays mit Knoblauch-Einnahme, also Äpfel mit Birnen.

Quellen:
Lissiman E, Bhasale AL, CohenM. Garlic for the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 3. Art. No.: CD006206. DOI: 10.1002/14651858.CD006206.pub3.
Wikipedia-Eintrag zu Edzard Ernst: http://de.wikipedia.org/wiki/Edzard_Ernst
BBC-Podcast „Medical Matters“: www.bbc.co.uk/podcasts/series/medmatters